Was ist Sühnung?

Wenn du neu im Christentum bist (oder auch wenn du schon lange Christ bist!), können bestimmte Wörter und Sätze, die von Theologen verwendet werden, völlig unverständlich klingen. Trotzdem ist es hilfreich, sie zu kennen, um ein tieferes Verständnis der Grundlagen des christlichen Glaubens zu bekommen. Eines dieser Wörter ist “Sühnung”. Finden wir heraus, was dieses Wort bedeutet und warum es so wichtig ist.

Eine Definition

Gemäß Duden bedeutet “sühnen” “eine Schuld abbüßen, für ein begangenes Unrecht eine Strafe, Buße auf sich nehmen”. In der Bibel wird dieses Wort oft verwendet in Bezug auf die Versöhnung zwischen Gott und der Menschheit durch den Opfertod Jesu Christi. Damit sind wir schon beim Kern der biblischen Botschaft angelangt. Das Wort “Sühnung” deutet an, dass zwischen Gott und der Menschheit etwas Schlimmes geschehen ist, das durch den Tod Jesu Christi wiedergutgemacht oder abgegolten werden kann. Lasst uns das etwas näher betrachten.

Das “Schlimme”, das passiert ist

Als Gott die ersten Menschen, Adam und Eva, schuf, wollte Er, dass sie Ihm angehören und mit Ihm leben. Der Mensch genoss das Leben in Gottes Gegenwart. Dies spiegelt sich in einigen Psalmen wider, zum Beispiel:

  • “Du zeigst mir den Weg, der zum Leben führt. Du beschenkst mich mit Freude, denn du bist bei mir; aus deiner Hand empfange ich unendliches Glück.” (Psalm 16,11)
  • “HERR, dein Haus ist erfüllt von deiner Herrlichkeit; an diesem Ort hängt mein Herz.” (Psalm 26,8)

In 1. Mose 3 lesen wir jedoch, wie Adam und Eva Gott, dem Herrn, ungehorsam waren. Als sie erkannten, wie gravierend ihre Tat war, “versteckten sie sich vor Ihm hinter den Bäumen.” (1. Mose 3,8). Sie schämten sich und fühlten sich in der Gegenwart ihres Schöpfers nicht mehr wohl. Und das zu Recht, denn sie erfüllten nicht mehr die Anforderungen, um auf Gottes heiligem Berg zu leben:
“HERR, wer darf in dein Heiligtum kommen?
Wer darf auf deinem heiligen Berg zu Hause sein?
Jeder, der aufrichtig lebt, der das Rechte tut
und durch und durch ehrlich ist…”
(Psalm 15,1‑2)
Adam und Eva hatten eindeutig nicht das Rechte getan. Gott zog sie daher zur Rechenschaft und schickte sie aus dem Garten Eden, wo sie mit Ihm gelebt hatten. Wegen ihrer Rebellion konnten sie nicht mehr vor dem heiligen Gott bestehen.

Gott ergriff die Initiative, um die Beziehung wiederherzustellen

Als Gott Adam und Eva von seiner Gegenwart wegschickte, ließ Er sie nicht völlig im Stich. Im Gegenteil, Er versprach, dass eines Tages einer ihrer Nachkommen erfolgreich den Satan besiegen würde (Gottes Feind, der Adam und Eva zum Ungehorsam verführt hatte). Das würde den Weg zur Wiederherstellung der ursprünglichen Situation öffnen, als die Menschen noch mit Gott zusammen lebten.
Der Rest der Bibel ist im Grunde ein Bericht darüber, wie Gott das möglich gemacht hat.

Opfer als Mittel zur Sühne

Die Menschheit wurde aus Gottes Gegenwart verbannt, aber Er wollte nicht, dass dieser Zustand ewig so bleibt. Er erwählte ein Volk, die Israeliten, als sein eigenes Volk und sagte:
“Ich will bei euch Israeliten wohnen und euer Gott sein. Ihr werdet erkennen, dass ich der HERR, euer Gott, bin. Ich habe euch aus Ägypten herausgeführt, um bei euch zu wohnen. Ja, ich bin der HERR, euer Gott!” (2. Mose 29,45‑46).
Wie war das möglich? Die Antwort findet sich im zweiten und dritten Buch Mose. Gott, der Herr, befahl den Israeliten, ein heiliges Zelt, die Stiftshütte, als seine Wohnstätte zu bauen. (2. Mose 25,8‑9; 40,34) Er gab auch detaillierte Vorschriften zu den Opfern, welche es den Menschen ermöglichten, diese Stiftshütte zu betreten und so in Gottes Gegenwart zu kommen.

Lass mich hier ein hilfreiches Buch von Michael Morales zitieren: “Das gesamte Opfersystem dient zur Sühne und erlangt seinen Sinn in der Sühnefunktion des Opfers selbst. […] Sühnung ist ein Mittel zum Zweck, ein Mittel zur Gemeinschaft Israels mit JHWH Gott.” (Morales 2015[1], S.124‑125) Morales erklärt weiter, dass die Sühnung in der Bibel eine doppelte Bedeutung hat: Erlösung vom Tod sowie Reinigung von der Verunreinigung durch die Sünde.

Wenn sündige Menschen in Gottes Gegenwart kommen wollten, mussten sie also ein perfektes Lamm oder einen Ziegenbock auswählen und zum Heiligtum bringen. Dann, so erklärt es 3. Mose 1,4, “soll er seine Hand auf den Kopf des Brandopfers stützen, damit es wohlgefällig angenommen wird und Sühnung für ihn erwirkt.” (NeÜ) Das Tier diente als Stellvertreter, um das Volk versöhnt und annehmbar vor Gott zu führen. Weitere Informationen über Tieropfer findest du in diesem Artikel.

Jesus als das endgültige Sühnopfer

Tieropfer konnten nicht ein für alle Mal Sühne leisten. Eine endgültige Lösung brachte der Opfertod von Jesus Christus. Nicht nur für das Volk Israel, sondern für alle Menschen. Wie der New City Katechismus zusammenfasst:
“Die Strafe für die Sünde ist der Tod. Christus nahm freiwillig unseren Platz ein, um an unserer Stelle zu sterben, um uns von der Macht und der Strafe der Sünde zu befreien und uns zurück zu Gott zu bringen. Durch seinen stellvertretenden Sühnetod erlöst allein er uns von der Hölle und erwirbt für uns die Vergebung der Sünden, wahre Gerechtigkeit und das ewige Leben.”

Jesus Christus wurde stellvertretend an unserer Stelle geopfert. Er hat die Sünden der Menschheit auf sich genommen, damit wir Sühnung für unsere Sünden erhalten und mit Gott versöhnt werden können. “Um unsere Schuld zu sühnen, hat Gott seinen Sohn am Kreuz vor aller Welt sterben lassen. Jesus hat sein Blut für uns vergossen und mit diesem Opfer die Vergebung für alle erwirkt, die daran glauben.” (Römer 3,25)
Wenn wir das Angebot Jesu im Glauben annehmen, “können wir jetzt durch das Blut, das Jesus Christus am Kreuz für uns vergossen hat, frei und ungehindert ins Allerheiligste eintreten.” (Hebräer 10,19) Wir können wieder in Gottes Gegenwart kommen, weil Jesus für das Böse, das wir Menschen unserem Schöpfer angetan haben, bezahlt hat. Er hat uns mit Gott versöhnt.

Es ist sehr wichtig, dass deine Beziehung zu Gott wiederhergestellt wird, sonst musst du die Ewigkeit ohne Ihn verbringen. Deshalb solltest du das Gebet in Psalm 79,9 beherzigen:
“Hilf uns, Gott, unser Retter,
damit dein Name gerühmt wird!
Steh uns bei und vergib uns unsere Schuld
– es geht doch um deine Ehre!”

[1] Morales, L. Michael. Who Shall Ascend the Mountain of the Lord? A biblical theology of the book of Leviticus [Wer wird auf den Berg des Herrn steigen? Eine biblische Theologie des dritten Buches Mose]. (D.A. Carson, Ed.) New Studies in Biblical Theology, part 37. Nottingham: Apollos, 2015.

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